Bossas Lindenstraßen-Annotationen

Bossas Lindenstraßen-Annotationen

"Geben ist schöner als nehmen" (703)


Ausstrahlung: Pfingstsonntag, 23.5.99
Tag der Spielhandlung: Donnerstag, 20.5.99

Kurzinhalt:
- Eva will die Scheidung. Momo jagt Kurt mit Gewalt aus seinem Laden.
- Valerie hat ihr Baby verloren, ist aber gegen eine Strafverfolgung von Boris.
- Paolo versucht mit Blumen bei Urszula gut Wetter zu machen, aber sie will weder
  was von Paolo wissen, noch von seinen Kindern Marcella und Giovanna.
  Urszula will wieder bei Rosi einziehen.

Cliffhanger:
- Kurt ruft der davonfahrenden Eva hinterher: "Und ich dachte, du kommst mit nach Afrika"

Auflösung des letzten Cliffhangers: 
- Valerie hat ihr Baby verloren.

Erklärung des Titels:
- Anspielung auf Konfuze-Spruch von Gung "Geben macht viel mehr Spaß als nehmen",
  der Rosi dazu bewegen soll, mehr an andere zu denken anstatt an sich.

Wieder da:
- Lisa, macht eine Ausbildung als Krankenschwester. (Schon 4 Monate dabei, Ausbildung
  dauert drei Jahre).

Abspann:
- Pat wird erwähnt, trat aber nicht auf.

Buch: Altmeister HWG
Regie: Patrick Winczeswki (neue Regiestaffel)

Quote:
- 4,05 Mio 27,6% MA, schlechteste seit Lindengedenken.

Musik:
- Wieder und wieder dieselbe griechische Leier (bzw. Bouzouki) im Akropolis.
  Ich habe ja schon erlebt, daß in einer Kneipe immer nur dieselbe
  Kassette lief, aber über Monate und Monate immer nur ein und dasselbe Lied?
  Knieper, leg doch mal eine andere Saite auf!

Zitate:
- Giovannas Gebetsanfang: "Lieber Gott, ich hoffe, Du kennst uns noch..."

Maxl der Woche:
- Der Maxl der Woche geht an den Polizisten der zu Valerie und ihrem trostlosen 
  Krankenzimmer meint:
  "Schön haben Sie es hier!"
- Der Mega-Maxl geht an Valerie, die trotz Verlust des sehnlichst erwünschten Kindes
  den Täter schützt.
- Der Maxl fürs Lebenswerk geht an Lisa, einfach dafür, daß sie so ist wie sie ist.

Infos:
- Valerie hat eine Rippenfraktur mit Lungenriß.

Schmankerl:
- Giovanna und Marcella halten Kerzenandacht wegen Paula.

In eigener Sache:
- In letzter Zeit fällt es mir immer schwerer, etwas zu notieren, das nicht schon
  von anderen entdeckt oder bemerkt wurde. Anscheinend haben meine Anmerkungen eine 
  regelrechte Lindenstraßen-Fehlertreibjagd ausgelöst. Der Vollständigkeit halber möchte 
  ich aber an meinen Auflistungen festhalten, auch wenn ich nicht immer der erste bin, der 
  einen Aspekt veröffentlicht.
  Betrachtet das Ganze als Kollekte, zu der auch andere etwas beigetragen haben.
- Wer meint, etwas Anmerkenswertes entdeckt zu haben, kann mir dies unter nossek@creatures.org
  mitteilen. Allerdings enthielten in der Vergangenheit fast alle gutgemeinten 
  Fehlerhinweise bei näher Untersuchung keine wirklichen Fehler. Ich kann darauf gegenüber
  dem Einsender jedoch nicht immer eingehen.
- Versuchsweise werde ich öffentlich getätigte Bemerkungen anderer Diskutanten und -onkel 
  in der Rubrik "Was die Welt bewegte" veröffentlichen. Sofern es nicht Probleme mit 
  Persönlichkeits- und Urheberrechten gibt, soll dies fortgeführt werden.


Kommentare:

- Eine schlechte Folge macht noch keine schlechte Quote, denn die
  schlechte Folge wird zunächst ja noch gesehen. Weitere Folgen in den nächsten Wochen
  dann schon weniger. Was wir zur Zeit erleben, ist die Inkubationszeit für Drehbuch-Maladie
  und Fehleritis bei Fernsehserien. Sie beträgt anscheinend einige Monate, so lange
  ist es her, daß ein junges, aufstrebendes Autorenteam - bekannt aus Stunk und
  Comic - die einst so prächtige Vorzeigequote von über sieben Millionen Zuschauern
  auf inzwischen 4 Millionen Zuschauer nach unten korrigiert hat. Das bedeutet nicht nur
  einen Rückgang von 45 (!) Prozent, sondern auch eine tödliche Infektion, denn
  die von HWG wiederholt genannte Mindesquote von 5 Millionen, die zur Fortführung der
  Serie erforderlich sein soll, ist in den letzten Wochen mehrfach unterschritten worden.
  An sich ist es mir ja egal, wieviele Leute die Lindenstraße schauen. Selbst wenn ich
  der einzige wäre, ich hätte meine Freude dran. Wenn man mir die Freude ließe,
  aber das traurige ist: Die Folgen sind schlecht und die Quote hat recht!
  Und wiegt Euch nicht in Sicherheit, weil bereits Verträge bis über das Jahr 2000
  hinaus bestehen. Nicht alles muß letztlich zur Ausstrahlung gelangen. Und wer weiß,
  ob uns ein Nichtsenden letztlich nicht sogar besser täte, ganz im Sinne Tucholskys:
  "Ein wirksames Mittel gegen Kopfschmerzen sind immer noch starke Zahnschmerzen."
- So! Da hat sich ja mal wieder ein schwerbelastetes Thema in Nichtsgefallen aufgelöst.
  Erst vor zwei Wochen vollführte Andi einen abschließenden Feixtanz um das Skelett, 
  dessen Fahrkönnen uns seit Oktober in verschiedenen Facetten in Spannung versetzen sollte
  und nun lacht die ewig - trotz WDR-Sonderseiten zur Insemination - nicht schwanger werdende 
  Valerie, gerade nach dem sie ihr Kind verloren hat, über ihren Daddy, der
  sie mit lustigem Hütchen besuchen kommt, wo sie noch vor ein paar Wochen nicht mal an
  seinem Unfall mitfühlen konnte, aus Sorge um ihr eigenens Kind.
  Da quält man uns nun schon recht lange mit In-vitro-Fertilisation, Boris auf der Samenbank 
  und Zorro in Walzes Samentank. Und dann sind Kind und Thema einfach tot. Ex und hopp. Wer ab und zu
  die Fallers schaut, weiß wie behutsam und nachfühlsam man das Thema "ungewollt kinderlos"
  angehen kann, auch über einen längeren Zeitraum. (Ich schau das immer, weil doch da
  meine Lieblings-Julia mitspielt). In letzter Zeit werden mir in der Lindenstraße
  zu viele hoch-problematische Themen angerissen, die zwar dann so effektvoll wie der Knall 
  eines Luftballons enden, aber leider auch dessen Nachhaltigkeit haben, nämlich keine.
  Wenn Themen früher auch so platt zu Ende gebracht worden wären wie heute, dann hätte die
  ganze Anna-Hans-Affäre wohl damit geendet, daß die beiden bei einem nächtlichen Spaziergang
  von Benny mit dem Radl totgefahren worden wären. Nee, nee, das war früher stimmiger. 
- Der Versprecher von Else mit Fronleichnam in der letzten Folge wurde durch eine nachträgliche
  Szene mit Else und Flip auf humorige Art auszubügeln versucht. 
- In letzter Zeit wurde in der Presse kaum eine Gelegenheit ausgelassen, daraufhinzuweisen, wie stolz
  das Produktionsteam ist, beim Drehen geschickt den Jahreszeiten vorgreifen zu können.
  Nun häufen sich aber in letzter Zeit Dinge wie Bäume, die von einer Woche auf die
  andere (unter Umgehung der Knopsen- oder Triebbildung) vollständig ergrünen, 
  Atemdampf im Mai, Kirschen vom Biobauern außerhalb der Pflückzeit oder Tulpen auf 
  Küchentischen, in Zeiten wo Tulpen nicht zu kriegen sind. Das ein oder andere mag noch zu
  erklären sein, aber niemand denkt über so etwas länger nach. Hängen bleibt einzig die 
  vordergründige Unstimmigkeit, die in der Gehäuftheit der letzten Zeit den Anschein
  erweckt, als wenn beim Lindenstraßen-Team eben jene Qualitätsansprüche, die es - Zitat -
  "bei keiner anderen Serie der Welt gibt", aufgegeben wurden.
- Nachtigall, ick hör Dir Trapsen. Das riecht doch bis hierhin, daß da noch was kommt,
  wenn Evas Anwalt sagt, daß sie vor Gericht keine Chance hat, wenn sie nicht ein
  Schreiben des alten Ades vorlegen kann, indem er sie um Sterbehilfe bittet.
  Hatten wir eigentlich schon Urkunden- bzw. Unterschriftenfälschung in der Lindenstraße?
- Prinzipiell finde ich es sehr begrüßenswert, wenn in der Lindenstraße alte Bekannte 
  vorbeischauen und "Grüß Gott" sagen. Ein einfaches Kaffetrinken und Klönen über alte
  Zeiten wäre mir dabei vermutlich sogar lieber als beispielsweise neulich Zorro in Valles
  Phallusfalle.
  HWG schrieb diese Woche, daß nicht jede Figur, die irgendwann verschwunden ist, automatisch
  wieder zurückkehrt. Über Auf- und Abtritt würden ausschließlich dramaturgische
  Gründe entscheiden: Ob es der Serie diene? Ob es die Handlung vorantreibe?
  In dieser Hinsicht würde ich Kurts Auftreten bisher als Nullnummer verbuchen.
- Wenn HWG meint (s.u.), Kinder würden in der Serie aus rein dramaturgischen Gründen sterben,
  dann sollte man aber auch fordern dürfen, daß das, was letztlich aus dramaturgischen 
  Gründen in Szene gesetzt wurde, mehr hergibt, als alles andere.
  Valeries Schwangerschaft schien mir allerdings mehr Potential zu enthalten als der 
  nun realisierte Tod des ungeborenen Babys.


Kommentar von HWG zum Tode von Valeries Baby:

"Erst starb Max Zenker, dann hauchte Paula Winicki ihr Leben aus, und
nun verliert auch noch Valerie ihr Kind. Wer daraus den Schluß zieht,
die Lindenstraße sei kinder- oder gar lebensfeindlich eingestellt, irrt
gewaltig. [...] Daß sich die Todesfälle bei Kindern augenblicklich häufen,
ist eher dramaturgische Notwendigkeit denn Ausdruck einer bestimmten Lebenseinstellung."

Was die Welt bewegte:

- Worin die "dramaturgische Notwendigkeit" bestehen soll, wenn innerhalb von 
  12 Monaten 4 Kinder sterben, hat sich mir allerdings nicht ganz erschlossen...
  [Capeet]   
- Wenn die Kinder unerwünscht sind, dann laßt doch die Frauen nicht schwanger werden
  ....Die ewige Trauer ist doch unerträglich, man hat im echten Leben genug damit zu tun...
  [Alena]
- superbloed finde ich es, dass inzwischen anscheinend jede 
  Woche eine Szene nachtraeglich herausgeschnitten wird, um krampfhaft eine andere 
  Szene mit moeglichst aufgesetztem aktuellem Bezug hineinzupfuschen. 
  [..] Ist den Machern nicht klar, dass diese einzigartigen "aktuellen Bezüge" 
  niemandem nützen, wenn sie erstens derart gekünstelt wirken und dadurch zweitens 
  nur Lücken in den Storylines entstehen und das Erzählniveau so auf jenes von 
  x-beliebigen Soaps (von denen man sich ja zu recht abgrenzen möchte) sinkt?
  [Capeet]   
- die listra ist doch immer so perfekt und vollkommen...
  valle sollte allen anderen verpruegelten frauen mut machen sich dagegen zu wehren...
  [die listra] sollte zeigen dass die familie hinter der gepeinigten frau steht....
  pfui hwg
  unterdrueckt die frauen nur weiter... jaaaaaaaa pruegelstrafe fuer alleeeeeeeee
  aber ueber die parteien kann man herziehen... und fuer neidtschiria sammeln... usw...
  da wird gezeigt wie man es machen sollte...
  aber wenns um hilflose geht... immer rein...
  [heinzi]


Fehler im Rückblick des WDR:
- Zitat Rückblick:
  "Urszula möchte die Trennung von Tisch und Bett."

  Bemerkung:
  Hä? Das hat sie doch schon vor zwei Wochen praktiziert.
  (Aber die Urszula-Szenen scheinen sowieso nach Belieben eines Würfels gesendet zu 
  werden). 

- Zitat Rückblick:
  "Cliffhanger: Kurt will plötzlich doch nicht mehr nach Afrika, sondern bei Eva bleiben. 
  Eva wirkt gepeinigt."

  Bemerkung:
  Ich sah folgenden Cliffhanger: Eva fährt davon und Kurt ruft ihr nach: "Ich dachte,
  Du kommst mit nach Afrika". 

- Zitat Rückblick (Bildunterschrift zu Foto mit Lisa an Valeries Krankenbett):
  "Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft"

  Bemerkung:
  Von einer wunderbaren Freundschaft war nichts zu sehen, Valerie war von Lisa eher
  genervt und die Fresse, die Valerie auf dem Szenenfoto zieht, spricht für sich, 
  aber nicht für eine Freundschaft.
  Aber die offiziellen Rückblicke dienen in letzter Zeit ja mehr der Verklärung als der
  Erklärung.
  
 
Seltsames, Ungereimheiten, Fehler:
- Urszula war in Polen? Wann? Warum? Den Bus zur Beerdigung hatte sie verpasst, eine Woche
  nach der Beerdigung ihrer Oma war sie in der Lindenstraße, wieso sollte sie danach nochmal 
  nach Polen fahren? Man wird den Eindruck nicht los, daß die ganze Urszula-Story ein riesiges
  Versatzstück-Durcheinander ist. Dazu paßt auch, daß Pat im Abspann genannt wurde, aber
  nicht zu sehen war.
- Isolde siezt Urszula, obwohl sie vor zwei Wochen noch "Du" zu ihr sagte. So kann man 
  natürlich auch auf einen Autorenwechsel aufmerksam machen. Und dabei ist das Produktionsteam
  doch so stolz auf sein "Who is who" der Lindenstraße ein book of characters and relations,
  in das man nur mal hätte schauen müssen. Aber entweder hat das HWG nicht nötig oder die
  Dramaturgin, die für das Buch zuständig ist, wurde entlassen.
- Vor zwei Wochen erbot sich Isolde noch, Irina eigenfüßig in die Schule zu bringen. Diesmal
  meinte sie dagegen, daß Irina ja wohl wirklich alt genug sei, selber zum Bus zu gehen. 
  Es lebe die Kontinuität.
- Irinas Bus war gähnend leer und das im Schüler/Berufsverkehr. [Danke, Jan!]
- Gaby liest von Andys Führerschein scherzhaft den Namen "Bollmann, Josef" ab. Dies könnte
  evtl. der richtige Name des Andy-Schauspielers Jo Bolling sein. (Zumindest ist ein Josef
  Bollmann in Köln wohnhaft. Aber das ist alles reine Spekulation).
- Sollte das, was man durch die Tür des Friseur-Salons sah, die Lindenstraße sein?
- Warum mußte die Kamera beim Außendreh unbedingt über das Straßenschild "Am alten Ufer"
  schwenken, wo es in ganz Deutschland nur zwei Straßen dieses Namens gibt (in Köln und Duisburg)?
- Der vernehmende Polizist bezeichnet Andy mehrfach als Kläger. Andy hat aber lediglich
  eine Anzeige aufgegeben. Kläger wäre die Staatsanwaltschaft, nicht Andy. 
  Valerie könnte eventuell als Nebenklägerin auftreten. 

- Fragen über Fragen
-- Was hat Irina angestellt, daß Rosi sogar in den Friseursalon kommt, um mitzuteilen, daß sie
   für die Aufsicht des Kindes nicht mehr zur Verfügung steht? Bisher machte Irina keinen
   besonders ungezogenen Eindruck.
-- Wer ist die alte Liebe, mit der sich Wanda in Polen herumtummelt?
-- Wieso meint Urszula, daß Rosi hilfsbedürftig ist? 
-- Warum will Urszula freiwillig bei Rosi einziehen?
-- Wieso war Urszula in Polen?
-- Wer ist Josef Bollmann?
-- Wieso sind Isolde und Urszula plötzlich nicht mehr per Du?

Das ein oder andere Geheimnis zu bewahren ist schön, aber zu viele offene Fragen, erzeugen im Zuschauer
keine Spannung, sondern Unverständnis. Der ein oder andere denkt dann vielleicht noch nach oder
kontaktiert eine Newsgruppe. Aber über 3 Millionen haben in letzter Zeit einfach ab- oder umgeschaltet.



Nachlese:
Diese Woche kam im Vormittagsprogramm der Film "Verurteilt Anna Leschek" in dem man
nicht nur einen äußerst jungen Willi Herren ("Olli Klatt") bewundern konnte, sondern
auch das Gericht, in dem Andy den Maxlmörder niedermetzeln wollte. Es war das Kölner
Straf- (oder Land-)gericht, inklusive der typischen Außenfassade und der Showdown-Freitreppe.
Sogar den Schwenk auf die Portalsadler gab es. Den hätten sich die Lindenmacher allerdings
seinerzeit sparen sollen. Wenn schon kein original bayerisches Gebäude, dann nicht noch
die Illusion durch Zeigen preußischer Symbole zerstören.




Fazit:

ich fazit nit!